Über die winterkalten Wüsten gibt es eine Vielzahl an, teilweise voneinander abweichenden geographischen Eingrenzungen. Zu der sicherlich bekanntesten zählt die Klimaklassifikation nach Köppen & Geiger (1961) mit der Definition BW (Wüstenklimat) k (winterkalt). Daneben gibt es beispielsweise die sehr weit gefasste Definition nach Udvardy (1975), welche die Grundlage für die Klassifikation von UNESCO Weltnaturerbegebieten darstellt. Weitere bedeutende Eingrenzungen sind zu finden bei Rachkovskaya et al. (2003), Schröder (1998), Schultz (2002), Shmida (1985) oder Walter & Breckle (1999).
Allen Definitionen ist gleich, dass es sich bei winterkalten Wüsten um kontinentale Wüsten handelt, deren Aridität durch Meeresferne oder die Lage im Regenschatten hoher Gebirge verursacht wird. Daher werden sie mitunter auch als Binnenwüsten bezeichnet. Sie sind gekennzeichnet durch ein deutliches Jahreszeitenklima mit starken, langen Frösten im Winter sowie extrem heißen Sommern bei gleichzeitig geringen Niederschlägen von unter 100 mm pro Jahr. Die Temperatur der winterkalten Wüsten und Halbwüsten schwankt zwischen -45º C bis +50º C. Während die winterkalten Wüsten Zentralasiens ihr Niederschlagsmaximum in den Wintermonaten haben, zeichnet sich bspw. der Typus der winterkalten Wüsten der Mongolei durch Niederschlagsmaxima in den Sommermonaten aus.
Der Großteil der Wüsten Eurasiens erstreckt sich über das Tiefland der Staaten Kasachstans, Turkmenistans und Usbekistans mit den ausgedehntesten Wüsten Karakum (Schwarzer Sand), Kyzylkum (Roter Sand), Muyunkum, Ustjurt-Plateau und Aralkum (Boden des ehemaligen Aralsees). In Turkmenistan und Usbekistan beträgt der Anteil der Wüsten an den Gesamtlandesflächen zwischen 80-90%. In der chinesischen Provinz Xinjjang befindet sich darüber hinaus die Taklamakan und in der Mongolei die Wüste Gobi. 95% der weltweiten Verbreitung der winterkalten Wüsten erstrecken sich in Zentralasien. Verhältnismäßig kleine Areale sind im Großen Becken Nordamerikas und Teilen Patagoniens in Südamerika vertreten.
Untergliederung winterkalter Wüsten
Die Eurasischen Wüsten können noch einmal untergliedert werden. Dazu liegen verschiedene Konzepte vor, doch eine allgemein gebräuchliche und häufig genutzte ist jene nach Petrov (1965). Dieser untergliedert die Eurasischen Wüsten in die vier Unterregionen (I) Irano-Turanische Wüsten, (II) Kasachstano-Dsungarische Halbwüsten und Wüsten, (III) Zentralasiatische Wüsten der Mongolei und Nordchinas sowie die (IV) Hochgebirgswüsten Tibets (vgl. dazu die Karte nach Petrov 1965 in Walter 1968). Die Irano-Turanischen Wüsten sind mit der Darstellung ihrer wesentlichen Wüstentypen auf dieser Homepage genauer umrissen. Die Irano-Turanischen Wüsten sind auch die artenreichsten unter den Eurasischen winterkalten Wüsten.
Die Kasachstano-Dsungarischen Halbwüsten und Wüsten (II) begrenzen sich zum Süden hin in etwa entlang des nördlichen Aralsees sowie des Flusslaufes des Syrdarya und dann weiter entlang der Ausläufer des nördlichen Tienschan und schließen unter anderem den Ili-Balchaschsee mit ein. Zum Norden hin geht diese Unterregion dann in den Steppengürtel Kasachstans, Russlands sowie der Mongolei über.
Im russischen Sprachraum werden in der Regel die sogenannten „nördlichen“ und „südlichen“ Wüsten unterschieden. Beide erstrecken sich zum größten Teil über die Stan-Länder der ehemaligen Sowjetunion, vor allem Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. Die „nördlichen“ Wüsten entsprechen grob der Verbreitung der Kasachstano-Dsungarischen Unterregion, die sogenannten „südlichen“ Wüsten sind mit den Irano-Turanischen Wüsten vergleichbar (entsprechend des Konzeptes nach Petrov 1965).
Das zentralasiatische Wüstengebiet der Mongolei und Nordchinas (III) ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass hier bereits Niederschläge aus den asiatischen Monsungebieten Einfluss haben und Richtung Osten an Bedeutung zunehmen. Dies führt zur markantesten Differenzierung zu den Irano-Turanischen und Kasachstano-Dsungarischen Wüsten. Das Niederschlagsmaximum liegt in den Wüsten der Mongolei und Nordchinas (III) in den Sommermonaten, während es in den kasachischen (II) und turanischen Wüsten (I) in den Wintermonaten liegt.
Die letzte der vier Unterregionen der winterkalten Wüsten entspricht den Hochgebirgswüsten Tibets (IV). Dabei handelt es sich aufgrund der Orographie von zumeist mehr als 4.000 Höhenmetern und der Kessellage mit Abgrenzungen nach Süden durch den Himalaya und nach Westen durch den Hindukusch- und Pamirkomplex um ausgesprochene Kältewüsten, vergleichbar mit den Polarwüsten an den Polkappen.
Die Terminologie „winterkalte Wüsten“ umfasst eine Vielzahl verschiedener Wüstentypen, die zwar alle – wie oben skizziert – ähnlichen klimatischen Rahmenbedingungen unterliegen. Allerdings gibt es eine Vielzahl an Wüstentypologien, die sich aus einem Mosaik aus Ton, Stein, Salz und Sand zusammenfügen. Im Allgemeinen beherbergen die Sandwüsten die größte Artenvielfalt, insbesondere Karakum und Kyzylkum Turkmenistans und Usbekistans. Die Karakum wird im Süden und Osten durch Bergketten begrenzt und ändert sich im Charakter von einem Hochplateau zu einer weiten Ebene bis zu eine Kette von Solonchaks und Takyren. Die Kyzylkum-Wüste ist überwiegend geprägt durch eine ausgedehnte Sandebene mit einigen schroffen Relieferhebungen.
Besonderheit: Saxaul-Wälder
Eine Besonderheit der winterkalten Wüsten sind die Saxaulwälder. Sie bedecken große Gebiete des südlichen Kasachstans (ca. 6 Millionen ha), Turkmenistans (ca. 4 Millionen ha) und Usbekistans (ca. 2 Millionen ha). Es gibt zwei Arten von Saxaul, den weißen (Haloxylon persicum) und den schwarzen (Haloxylon aphyllum). Diese beiden Sträucher gelten als Schlüsselarten für eine ungeheure Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten. Darüber hinaus sind Saxaulbestände die wichtigste Quelle für Feuerholz und Weiden und besitzen eine große Bedeutung zur Fixierung von Kohlenstoff.